Plötzlich waren sie da, die fünf Glatzen. Sie hatten ihn schon vor der alten Fabrik erwartet. Dort, wo er und seine Freunde sich regelmäßig trafen, versperrten sie ihm den Weg.
Der Junge drehte sich um und lief so schnell er konnte. Er spürte, es ging um sein Leben.
Die schwarzen Stiefel mit den roten Schuhbändern hinderten den guten Sportler am Laufen. Sein langes Haar wehte ihm wie eine Fahne hinterher. Die feige Brut lief ihm nach.
Endlich erreichte er den großen, kopfsteingepflasterte Platz, auf dem sich heute der Wochenmarkt befand. Er wurde langsamer und holte mühsam Luft. Hier, vor all den Leuten würden sie es nicht wagen ihn anzugreifen. Das hoffte er zumindest.
Der Junge mischte sich zwischen die vielen Besucher des Marktes und blieb schließlich stehen. Neugierig drehten einige Passanten den Kopf. Wie die heutzutage aussehen, dachte wohl der eine oder andere von den Älteren. Damals hätte es das nicht gegeben.
Jetzt hatte die rechte, feige Brut ihn erreicht und sie kamen im Pulk auf ihn zu. Ein fieses Grinsen zeigte sich auf ihren Lippen.
Der erste Schlag traf ihn mitten ins Gesicht und er ging zu Boden. Blut spritzte aus Mund und Nase. Sie traten ihn mit ihren schweren Springerstiefeln gegen den Kopf und in die Rippen. Er spürte seinen rechter Arm brechen.
Schon einmal, lange vor der Geburt dieses Jungen hatten sie auf diesem Platz ein sechszehnjähriger Junge geschlagen und getreten. Das waren die, die mit den Schlangen spielten. Es waren die, die wenn es dunkelt schrieben, dein güldenes Haar Margarete
Der Junge mit den langen Haaren und den roten Schnürsenkeln überlebte schwer verletzt. Der andere starb,damals in unserer kleinen Stadt…
Total verklemmt
Als er mir sagte, dass er mir nun gleich die Gurgel durchschneiden würde, dachte ich spontan: Na, das wird ja ne Sauerei geben. Woran man eben so denkt, wenn einen die Angst fast den Verstand raubt. Erstaunlich oder?
Du bist doch nicht ganz dicht, Margret. Das kann dir doch ziemlich egal sein. Du wirst es ja nicht wieder aufwischen müssen und dir wird das warme Blut auch nicht ins Gesicht spritzen. Die Probleme wird dann dieser Mistkerl haben. Mein nächster Gedanke war dann allerdings schon wieder ziemlich normal für die Situation. Ich will noch nicht sterben. Jetzt noch nicht und vor allen Dingen nicht unter diesen Umständen!
Wie bin ich überhaupt in diese Lage geraten? Hätte ich ihm doch nur den Parkplatz gelassen! Aber nein, ich musste dem Kerl ja direkt vor seiner prolligen Kiste in die Lücke fahren. Zack und Bum und drin war ich.
Wie der sich aufgeregt hat. Er fuchtelte wild mit seinen Armen herum und schrie irgend so etwas wie: Ich mach dich kalt, du Miststück. Sein Gesicht zeigte dabei die Farbe einer überreifen Tomate.
Gleich platzt er vor Wut, typischer Choleriker, dachte ich vor mich hin grinsend. Gerade wollte ich meine Handtasche greifen und aussteigen, da sprang dieser Kerl aus seinem Wagen, lief zu meiner Fahrertür, riss sie auf und packte mich im Genick. Schwups, hielt der Irre mir ein Messer an die Kehle und schleppte mich zu seinem Auto. Dort warf er mich wie ein Stück Vieh in den Kofferraum.
Alles ging so schnell, dass ich nicht einmal daran dachte, mein Handy mitzunehmen oder einen Schuh unauffällig vom Fuß zu streifen. An so etwas denken nur die Entführungsopfer im Film.
Mir wurde echt übel, als er im Anschluss daran mit hoher Geschwindigkeit durch die Straßen raste. Fast hätte ich mich übergeben.
Nun sitze ich hier in einem muffeligen Keller auf einen Stuhl gefesselt und geknebelt und warte auf meinen nahen Tod.
Ich bin doch tatsächlich an einen waschechten Psychopathen geraten. Der Kerl steht vor mir, ein widerlich großes Messer in der Hand und scheint sich noch köstlich über meine missliche Lage zu amüsieren, schlägt das fiese Teil mit der flachen Seite auf seine geöffnete Hand und grinst vor sich hin.
Unter anderen Umständen wäre er mir sicherlich eher angenehm aufgefallen. Er sieht nämlich ziemlich gut aus, dieser Verrückte. Total der Typ Mann auf den ich stehe. Da sieht man mal wieder wie Frau sich täuschen kann.
Ich schätze ihn auf Anfang vierzig, gut gebaut, nicht zu dick und nicht zu dünn. Seine dunklen Haare trägt er zu einem Zopf im Nacken gebunden, dazu blaue Augen mit dichten dunklen Wimpern drüber. Typ zum Verlieben…wenn er das Messer weglegen würde und statt in diesem muffigen Keller irgendwo mit mir in einem netten Café sitzen würde. Tut er aber nicht, leider!
Mein Kleid ist mir ziemlich weit hochgerutscht und hängt mir zu allen Überfluss auch noch weit über die linke Schulter herunter, sodass der Kerl meine nackte Brust sehen kann. Hätte ich doch bloß einen BH angezogen. Mir fallen die Worte meiner Mutter ein: Immer frische Unterwäsche anziehen, mein Kind. Man weiß ja nie, was einem im Laufe des Tages passiert. Irrer mit Schlitzemesser zum Beispiel. Ob sie an einen Irren mit Schlitzemesser dabei gedacht hat, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Vielleicht steht er ja auch auf mich und er überlegt sich das noch einmal, das mit dem vielen Blut. Könnte doch sein, vielleicht…
Irgendwie mag ich daran nicht so recht glauben. Wer auf so eine kleine Sache, wie eine Niederlage bei der Parkplatzsuche so überreagiert, wird sich nicht becircen lassen. Der ist nicht ganz dicht!
Zu allen Überfluss muss ich nun auch noch dringend auf die Toilette. Eigentlich könnte ich ja einfach unter mich lassen. Ist ja so ähnlich wie mit dem Blut das gleich fließen wird. Er muss es ja wegwischen, nicht ich. Meine Blase will aber nicht. Sie krampft sich zusammen und will unbedingt ein Klobecken. Verzweifelt rüttele ich an dem Klebeband, mit dem er meine Arme zusammengebunden hat. Ich versuche zu reden, was natürlich nicht geht, mit einem Pflaster über dem Mund.
Hast du noch einen letzten Wunsch, bevor ich dir die Kehle durchschneide, meine Liebe, säuselt er nun mit seiner warmen, angenehmen Stimme. Dabei reißt er mir das Pflaster vom Mund. Aua, das tat weh! Ich sehe, wie sich mein Lippenstift dunkelrot auf der Innenseite des Klebebands abgedrückt. So rot, wie Blut hatte ich heute Morgen noch beim Auftragen vor dem Spiegel gedacht und mich mal wieder unwiderstehlich gefunden. So rot wird es gleich aus meiner Kehle schießen. Das habe ich nun davon, wieder einmal zu dick aufgetragen. Das war es doch wirklich nicht wert. Warum musste ich ihm auch den Parkplatz klauen?
Ich muss mal austreten, ganz dringend! krächze ich los. Bitte, erfüllen Sie mir diesen einen Wunsch und lassen mich auf die Toilette gehen. Danach können Sie mich ja immer noch abmurksen. Ich laufe auch ganz bestimmt nicht weg. Außerdem wollte ich mich bei Ihnen entschuldigen. Ehrlich, tut mir leid, das mit der Parklücke. Kommt nicht wieder vor. Brauchen Sie vielleicht eine Lebensversicherung? Könnte Ihnen ein wirklich sensationelles Angebot unterbreiten. Ich bin nämlich Versicherungsvertreterin und mein Chef ist ein Arschloch. Wenn ich nicht bis nächste Woche mein Soll erfülle, feuert er mich. Nur deshalb, ich hatte das so eilig mit dem nächsten Kunden. Verstehen Sie das? Ich bin nämlich Sklavin dieses Herrn. Bitte…
Was rede ich denn da für eine Scheiße zusammen? Als wenn den das interessiert. Außerdem habe ich im Moment sowieso ganz andere Sorgen.
Jetzt kommt er ganz nah mit dem Messer an mich heran. Ich schließe die Augen. Kann nämlich kein Blut sehen, nicht mal mein eigenes.
Es macht ratsch und noch mal ratsch und dann sind meine Hände und die Beine frei. Ich kann mich bewegen!
Hau ab, sagt er. Ich kann dich nicht gebrauchen. Warte jetzt schon seit drei Stunden darauf, dass du dir endlich in die Hose machst. Mehr wollte ich doch gar nicht. Eine verklemmte Kuh bist du. Total verklemmt!
Liebeshauch
Sie gaukeln trunken durch die Lüfte,
ihr helles Kleid wiegt sanft im Wind,
die Welt trägt wundersüße Düfte,
ein Hauch von Sehnsucht streift gar lind.
...
Durch ihrer Flügel zarte Farben,
schau ich ein Antlitz rein und klar,
die Falter filtern harte Narben
so möcht ich lieben - immerdar.
Bewusstsein verschläft die Nacht
Zündelnde Wanzen tanzen als zuckende Blitze
zwischen dunklen Wolken,
zerfetzen die Luft und zerren ans Licht.
Zerbrochene Geigen zeigen auf zerfranste Linien,
ihre vielgezupften Saiten zielen auf offene Wunden
und zürnen dem faulen Zauber.
Zerschlagener Träume Räume
zahlen die zugewiesene Zeche,
verweigerte Zärtlichkeit
zerschellt im Zeitenstrudel und zollt den Tribut.
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